Füttern für den Klimawald
Die neuen Abschusspläne stehen an, und wieder einmal soll es dem pflanzenfressenden Schalenwild an den Kragen gehen. Doch der geforderte Waldbau mit der Büchse ist lange nicht das richtige Mittel, um den Klimaschutz voranzutreiben. Der Bayerische Jagdverband e. V. setzt auf den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel, um den Klimawald zu stärken. Der Mensch greift seit vielen Tausend Jahren in die Natur ein, und macht sie sich zu eigen. So werden Wildtiere durch zunehmende Flächennutzung auf immer kleinere Flächen gelenkt und ihre Lebensräume von unüberwindbaren Hindernissen durchschnitten. Frost und Schnee verringern die Nahrungsverfügbarkeit für Wildtiere zusätzlich. Die ausgeräumte Agrarlandschaft bietet wenig Nahrung. Im Winter zeigt sich das ganz drastisch. Um die durch Menschen verursachte Nahrungsverknappung zu kompensieren, stellen Jägerinnen und Jäger dem Wild Futter zur Verfügung.
Pflicht zur Fütterung in Notzeiten
Nach Art. 43 des Bayerischen Jagdgesetzes ist der Revierinhaber zur Fütterung in Notzeiten verpflichtet. Zudem ist es seine Aufgabe, die natürlichen Lebensgrundlagen des Wildes zu pflegen und zu schützen. Dabei ist der Begriff Notzeit so definiert, dass er auch die Nahrungsengpässe umfasst, die in Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Bodennutzung örtlich und zeitlich auftreten. Klimatische Merkmale, wie hohe Schneelage und strenger Frost, begründen eine Not für das Wild nur zum Teil. Wesentlich ist die Nichterreichbarkeit oder Minderung geeigneter Naturäsung.
Vielerorts wird dem zu wenig Rechnung getragen. Die Auslegung der Gesetzesgrundlage obliegt den zuständigen Landratsämtern, doch in deren Fütterungsverordnungen zeigen sich erhebliche Diskrepanzen. Sowohl der zeitliche Rahmen als auch die Auswahl des vorgelegten Futters kann behördlich vorgeben werden, mit dem Ergebnis, dass trotzdem vielerorts zu wenig, nicht ausreichend, nicht artgerecht und zu kurz gefüttert wird. Die biologischen Ansprüche von Rehen und Rotwild werden ebenso wie ihr Ruhebedürfnis oft zu wenig berücksichtigt.
Was passiert, wenn nicht gefüttert wird?
Wenn genügend natürliche Äsung vorhanden ist, passiert nichts. Da das aber fast nirgendwo mehr der Fall ist, muss damit gerechnet werden, dass Wildeinflüsse im Wald zunehmen. Viele Wildtiere haben im Winter nur die Hälfte des Nahrungsbedarfes wie im Sommer. Störungen und Stress führen zu einer Vervierfachung des Energiebedarfes, der dann notgedrungen mit energiereichen Knospen und Trieben gedeckt werden muss. Das ist nicht nur für den Klimawald fatal, schlimmer noch:
Eine ausbleibende Fütterung führt im Extremfall zu menschenverursachtem Hungertod von Wildtieren.
Sinn der Fütterung
An Fütterungen gebundenes Wild verursacht weniger Schäden im Wald. Verbiss und Schälschäden bleiben aus. Der für die Zukunft angestrebte Klimawald ist ein robuster Mischwald, der vorrangig existiert, um die Umwelt zu schützen. Wirtschaftliche Interessen und Gewinnmaximierung sind hier fehl am Platz. Das bedeutet aber auch, dass er als Lebensraum für die Wildtiere erhalten bleiben muss. Stattdessen wird die flächendeckende Maximalreduktion des Schalenwildes propagiert. Die Knospenfresser sollen einfach nur weg. Dazu ist jedes jagdliche Mittel recht. Dabei bindet auch ein verbissener Baum CO2, durch Zwieselbildung nachweislich sogar mehr als ein unverbissener.
Wege zu einem Wald MIT Wild
Die Bayerische Jägerschaft setzt darauf, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und auszuschöpfen, um nicht den Totalabschuss und einen Wald ohne Wild als einzige Lösung für den Waldumbau zu haben, die ohnehin vornehmlich wirtschaftlichen Interessen Rechnung trägt. Zu den Maßnahmen der Jäger gehören sowohl die Anlage von Äsungsflächen, freiwillige Schutzmaßnahmen wie biologisch abbaubare Verbissschutzclips und eben auch eine ausreichende Winterfütterung. Die beste und langfristig einzige Möglichkeit, dem Wild wieder eine schadensfreie und natürliche Nahrungsaufnahme in den zur Verfügung stehenden Lebensräumen zu ermöglichen, ist die Schaffung von artangepassten Äsungsflächen und die Vernetzung von Lebensräumen.
R.O.