Lebensgefahr bei der ersten Mahd – Warum Rehkitze unsere Hilfe brauchen
Jedes Jahr wird der erste Schnitt der Wiesen zur tödlichen Bedrohung für unzählige Wildtiere. Besonders Rehkitze, junge Hasen und bodenbrütende Vögel geraten in große Gefahr. Denn ausgerechnet in der sogenannten Setz- und Brutzeit, wenn die Natur neues Leben hervorbringt, rücken die Mähwerke zur ersten Mahd aus.
Für viele Wildtiermütter scheinen die Wiesen ein sicherer Ort für ihren Nachwuchs zu sein – ein trügerischer Schutz. Die Jungtiere sind oft noch zu klein bzw. zu schwach, um zu fliehen, und verlassen sich instinktiv auf ihre natürliche Überlebensstrategie: den sogenannten Drückinstinkt. Sie ducken sich flach ins Gras und verharren bewegungslos, in der Hoffnung, von Feinden nicht entdeckt zu werden. Was sie vor Fuchs und Greifvogel schützt, wird ihnen unter den rotierenden Klingen moderner Mähwerke jedoch zum Verhängnis. Jedes Jahr fallen zehntausende Kitze und andere Jungtiere dem "Mähtod" zum Opfer – grausam verstümmelt oder getötet.
„Wer einmal ein verstümmeltes Kitz gesehen hat, vergisst diesen Anblick nie“, schildert Robert Oberfrank, Vorsitzender vom Jagdverband Donauwörth. Die heutigen Maschinen sind schneller, breiter und effizienter – doch der Preis ist hoch. „Wildtiere können nichts für diese prekäre Situation. Ihre Lebensweise kollidiert unweigerlich mit der intensiven Nutzung unserer Kulturlandschaft“, warnt Robert Oberfrank.
Zwar zeigen viele Landwirtinnen und Landwirte ein wachsendes Bewusstsein für den Schutz der Wildtiere – doch es braucht mehr als guten Willen. Denn neben der moralischen Verantwortung besteht auch eine klare gesetzliche Pflicht für die Landwirte bzw. Lohnunternehmer: Laut Tierschutzgesetz darf keinem Tier ohne vernünftigen Grund Leid oder Schmerz zugefügt werden. Wer Wiesen ohne geeignete Vorsichtsmaßnahmen mäht, riskiert nicht nur Tierleben, sondern auch juristische Konsequenzen.
„Effektive Wildtierrettung beginnt lange vor dem Mähtag“, mahnt Albert Reiner, stellvertretender Vorsitzender des Jagdverbandes. „Nur wenn Landwirte ihre Mahdtermine rechtzeitig und verbindlich kommunizieren, können wir als Jägerschaft rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz der Tiere ergreifen.“ Kurzfristige Benachrichtigungen reichen nicht aus. Die Verantwortung liegt hier eindeutig bei den Landwirten – doch die Jägerinnen und Jäger vor Ort bieten in der Regel gerne ihre Unterstützung an. Besonders gefährdet sind Wiesen am Waldrand, wo Rehgeißen und ihre Kitze besonders gute Bedingungen vorfinden – und sich dennoch in trügerischer Sicherheit wiegen.
Altbewährte Methoden und moderne Technik im Einsatz
Seit Jahren gehören klassische Maßnahmen wie das Absuchen der Flächen zu Fuß, der Einsatz von Jagdhunden oder das Aufstellen von Wildscheuchen zum festen Repertoire. Auch elektronische Wildscheuchen mit Blinklichtern und akustischen Signalen wie Musik oder Menschenstimmen kommen vermehrt zum Einsatz. Doch bei großen Flächen stoßen diese Methoden zunehmend an ihre Grenzen.
Immer öfter greifen Jäger und Wildretter daher zu moderner Technik: Drohnen mit Wärmebildkameras. Besonders in den kühlen Morgenstunden, wenn der Temperaturunterschied zwischen Tierkörper und Umgebung am größten ist, lassen sich Rehkitze im hohen Gras zuverlässig orten. So können Flächen von bis zu 40 Hektar pro Morgen abgesucht und die Kitze sicher geborgen werden. Inzwischen sind auch im Landkreis erste Drohnen im Einsatz – oftmals mit finanzieller Unterstützung von Jagdverbänden oder durch staatliche Förderung. Die Anschaffungskosten liegen, je nach Ausstattung, zwischen 5.000 und 10.000 Euro.
Was Landwirte tun können
Neben der rechtzeitigen Terminabsprache kann auch eine angepasste Mähstrategie Leben retten. So verlangt das neue Artenschutzgesetz, dass Grünland grundsätzlich von innen nach außen gemäht wird – damit Wildtiere rechtzeitig fliehen können. Auch eine erhöhte Schnitthöhe und Wildscheuchen direkt am Mähwerk können das Risiko erheblich verringern.
Doch auch die modernste Technik ersetzt nicht das gemeinsame Handeln. Nur wenn Landwirte und Jägerschaft Hand in Hand arbeiten, kann das stille Sterben im Gras verhindert werden. Jedes gerettete Kitz ist ein kleiner Sieg für den Tierschutz – und ein starkes Zeichen für Verantwortung in unserer Kulturlandschaft.